“Hi, gorgeous!”

Es gibt Tage, an denen möchte ich nicht aufstehen. Tage, wo jeder Fuzzel im Weg liegt und jeder Sonnenstrahl zu hell erscheint. Ein solcher Morgen erwischte mich heute.

Nachdem ich nun mitbekommen habe, wie hart die Arbeit mit körperlich und geistig eingeschränkten Senioren ist, habe ich heute eine ganz neue Seite entdeckt. Oft habe ich mich mit einem Senioren unterhalten, der noch fit  in jeder Hinsicht ist. Doch bevorzugt er Themen wie Krieg, den Tod, seine Schwächen und Wehwehchen. Gestern hatte ich genug davon und verbot ihm für den heutigen Montag jegliche negative Einstellung und Äußerung. Er zweifelte an dem Erfolg meines Plans. Wie hätte es auch anders sein können? Heute kam er zu mir, nach Sportprogramm und Therapiegespräch, und bedankte sich bei mir. Der Tag begann für ihn viel heller, schöner und entspannter. „Gut, dass du da bist.“, sagte er. Ich konnte nur lächeln.

Der Vormittag verging, der Montagsausflug stand auf dem Plan. Ein Ausflug mit der Pokerrunde von vergangenem Freitag. „Hi gorgeous!“ hieß es einerseits. „Hi my love!“ hörte ich hinter mir. Und sie meinten wirklich mich. Es war einfach niedlich.

Als ‚Ehrengast‘ der heutigen Tour brachte mich meine kleine Gang zu den Twin Peaks (dt.: Zwillingsgipfeln), nach dem Mount Davidson die zwei höchsten natürlichen Erhebungen San Franciscos. Die Aussicht war unbeschreiblich. Die City, die Golden Gate und Bay Bridge sowie die komplette East Bay Region auf einen Blick. Die Sonne spiegelte sich im Wasser und Segelschiffe ließen sich vom starken Seewind treiben. Ich hätte noch Stunden dort oben stehen können.

„Hi gorgeous, ich mag deine großen blauen Augen, wenn du in die Ferne schaust.“ Hi Gang, danke für diesen wunderschönen Nachmittag.Panoramaversuch

 

Sightseeing

Wenn viel Zeit zu bewältigen ist, ich nichts zu tun habe oder die Faulheit siegt, so schweift man oft mit den Gedanken ab und grübelt, überlegt oder erinnert sich an zu Hause, an Familie und an Freunde. Womit bewiesen ist, dass das Leben in über 10.000 Kilometer weiter Entfernung wirklich schön und wirklich schwierig sein kann.

Schauen wir auf die vergangenen Tage. Erlebt habe ich viel, Stück für Stück setzt sich das Puzzle San Franciscos zusammen. Mein erster Besuch in einer amerikanischen Bar war, nun ja, laut. Während zu Beginn eine Band weniger die Musik sondern eher das Brüllen ins Mikrofon als Hauptaufgabe ansah, war die darauffolgende Truppe durchaus angenehm anzuhören. Zum Schluss bekam ich eine CD geschenkt mit der Aufgabe, die Musik nach Deutschland zu tragen und so die Band in meiner Heimat berühmt zu machen. Ich präsentiere meinen Freunden in Deutschland also: „Ian Franklin and Infinite Frequency“.

Von A bis Z peu à peu voran

Endlich war Donnerstag. Endlich fand ein Meeting statt, das Klarheit in die doch recht unsichere Lage bringen sollte. Fragen nach Wohnort, Arbeitsbereich und Vertragsinhalten kamen hier unter anderem  zur Sprache. So wurde von unserer pädagogischen Betreuung und Kontaktperson für alle Fälle noch einmal stark betont, dass unser Freiwilligendienst nicht auf sozialen sondern auf kulturellen Pfeilern aufgebaut werden sollte. Das heißt also weder Pflege der Senioren noch Aushilfe für Küchen- und Pflegepersonal. Damit fiel mir der erste Stein vom Herzen. Ganz langsam kommen wir also in die richtige Richtung.

Was unsere Wohnsituation betrifft, so freue ich mich, dass meine Bitte auf ein eigenes Zimmer ein offenes Ohr fand und akzeptiert wurde. Die Entscheidung zwischen einer eigenen Wohnung zu zweit, jedoch mit gemeinsamen Schlafzimmer, oder einer Wohngemeinschaft mit fremden Studenten, aber dafür mit den eigenen vier Wänden, fiel mir überhaupt nicht schwer. Wo kann man wohl besser Kontakte knüpfen und sich sein eigenes Leben aufbauen als in einer kleinen amerikanischen WG? Ob nun in San Francisco direkt oder an den angrenzenden Städten wie Berkeley oder Oakland ist mir nicht wichtig. Aber um ehrlich zu sein, wäre East Bay gar nicht so schlecht. Hauptsache erst einmal raus aus dem AgeSong Gebäude selbst. Denn das wird ganz langsam unertragbar.

Die Frage nach dem Arbeiten am Wochenende und dafür Freizeit in der Woche selbst, fand bei mir wenig Anklang. Ich wünsche mir einen geregelten Tagesablauf, der mit Veranstaltungen und Events vereinbar ist. Der mir ermöglicht, etwas mit anderen Leuten zu unternehmen und wo Langeweile im Arbeitsleben keinen Platz hat. Was nützen da Wochenenden ohne Programm für die Senioren? Auch hier möchte ich noch einmal das kulturelle Arbeitsfeld betonen – keine Pflege.

Arbeitszeiten, Rahmenbedingungen des IJFDs, und allgemeine Vertragsinhalte waren den Führungspositionen natürlich noch weitgehend unbekannt. Warum? Nun ja, ich hatte zwar meinen Vertrag – von mir und der LKJ unterschrieben – in der Tasche, doch was sollte eine amerikanische Organisation mit einem deutschen Vertrag? Leider ließ die Übersetzung noch immer auf sich warten. Wir haben inzwischen versucht, grob einen Überblick über unseren Freiwilligendient zu geben und antworten auf einfachste Fragen natürlich gerne. Und trotzdem ist dies ein ziemlich wichtiges Puzzleteil, dessen Fehlen unseren Aufenthalt hier nicht unbedingt erleichtert.

Postkartenansicht vom Feinsten

Nachdem ich lange gezögert hatte und geizig auf jeden Dollar schaute, entschloss ich mich doch zu einer Stadtrundfahrt. Mit dem Hop on Hop off Ticket war es möglich ein- und auszusteigen, wann immer ich wollte. Es hing nur von den aufgezeigten Haltestellen ab. Ich beschloss jedoch, die Fahrt komplett zu genießen und erst am Fishermen’s Wharf den Bus zu verlassen.

Die Tour begann für meine Mitfreiwillige und mich ganz in der Nähe unserer Unterkunft. Ich war begeistert von unserer Tourleiterin, die mit viel Witz und Humor jeden Ort zu etwas Bemerkenswertem undP1000165_2 Interessantem machte. Vom wärmsten und sonnigsten Teil der Stadt ging es in San Franciscos berühmtes Hippie-Viertel. Viele Musiker fanden hier ein zu Hause oder brachten über diesen Ort ihre Musik an die Westküste der USA. Wer San Francisco einmal besuchen wird, kann die Hippie-Gegend kaum verfehlen. So bunt, kreativ und originell ist es nirgends.

Der Wind wehte nur so durch die Haare und gab auch der stärksten Frisur keine Chance. Haargummi? Wozu? Ich genoss dieses kleine Stückchen Freiheit.
Über den Golden Gate Park kann ich bis jetzt noch nicht all zu viel sagen. Nur eines dazu: ob der Park selbst mit all seiner Flora und Fauna, oder aber die California Academy  of Sciences, der Japanese Tea Garden und das Conservatory of Flowers  -  der Golden Gate Park wird wohl einige meiner Wochenenden zu einem einzigartigen Erlebnis machen.

Endlich wurde es stürmisch an Deck des Tour-Busses. Endlich wurde es kalt und die Straßenführung deutlich und klar. Links und rechts von uns waren mehr und mehr Sightseeing-Busse erkennbar. Ich machte meine Kamera startklar und blickte gespannt nach vorn.

P1000195_2 Da stand sie im schönsten Sonnenschein, gigantisch und eindrucksvoll wie erwartet. Die Golden Gate Bridge gilt als Wahrzeichen der Stadt und mit einer Stützweite von 1280 Metern zu einer der längsten Hängebrücken der Welt. Von nun an hieß es nur noch drauf halten und knipsen bis der Speicher voll ist. Ich wollte alles festhalten und mitnehmen. Nur eines nicht. Dieser unglaublich starke mir ins Gesicht blasende Wind war nur schwer transportierbar.

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Die Skyline von San Francisco und die Sicht auf den Ozean und die East Bay Area war wunderschön. Segelschiffe wohin das Auge reicht und Alcatraz in schönster Pracht. Allein für diese zehn Minuten hatte sich die Investition in eine Sightseeing-Tour wirklich gelohnt.

P1000236_2Wir kreuzten Japantown und Chinatown, bewunderten das Viertel der Reichen und Schönen und beendeten unsere Reise letztendlich am Pier 39. Ein kleiner Imbiss, ein Blick auf die See und die Bay Area genügte bis wir unseren Heimweg leicht verfroren antraten. San Francisco ist durch die Seeluft wirklich eine recht kühle Stadt.

Und manchmal einfach nichts

Aber wie komme ich nun auf Faulheit und Gedankenkreisen? Nicht jeder Tag ist von Aufregung und Tatendrang geprägt. Manchmal reicht auch einfach ein schönes Sofa, ein Bildschirm und eine Tastatur. Skypen, E-Mails schreiben und Filme gucken, das Alleinsein und auch das ein oder andere tiefe Luftholen befreiend genießen. Ich habe nie gesagt, dass alles ganz einfach ist. Und die kleine Sehnsucht nach zu Hause tat heute gut, denn jetzt freue ich mich auf morgen, eine zweite Arbeitswoche und viele neue Erlebnisse.

first workingdays

Die ersten zwei Arbeitstage liegen hinter mir. Tage, welche nicht die erhoffte Klarheit über meine Aufgaben und Projekte bei AgeSong brachten. Dennoch möchte ich sie nicht missen.

Für die Mitarbeiter dieser Community – auch genannt „Interns“ – ist es ebenso wenig einfach, das Projekt „Deutsche Freiwillige bei AgeSong“ erfolgreich in den Alltag zu integrieren, als es das Zurechtkommen mit ungeklärten Themen und Sachverhalten für uns ist. Es hat Umstrukturierungen innerhalb der Institution gegeben. Neue Mitarbeiter lösten alte ab, Senioren wurden umquartiert, neue Senioren zogen ein.  Trotz Stress und Durcheinander wird an Freundlichkeit und lächelnden Gesichtern nicht gespart. Das erleichtert einiges.

Aller Anfang ist schwer

Gleich am Montag wurde deutlich, dass sich keiner so richtig für uns zuständig fühlte oder ein wenig Ahnung hatte, wie wir eingesetzt werden sollten. So begann unser erster Arbeitstag dem Zusammenbauen von Umzugskisten und dem Sortieren von alten Akten. Zwei „Challenges“, wie unser neuer Chef es grinsend nannte. Ich habe mich ein bisschen auf den Arm genommen gefühlt.

Der zweite Teil des Tages bestand aus Small-Talk mit den Senioren, was sich als durchaus schwierig  erwies. Außer das Wetter, den Gemütszustand oder den Lebenslauf vielen mir auf Anhieb nicht all zu viele Gesprächsthemen ein. Warum das problematisch war? Nun ja, es ist nicht einfach, mit Menschen zu reden, die man nicht kennt und die einem noch vollkommen fremd sind. Dazu in einer anderen Sprache. Komplizierter wird es jedoch erst richtig, wenn die jeweiligen Gesprächspartner entweder nicht antworten oder gar nach fünf Minuten vergessen haben, was vorher gesagt worden war und erneut anfangen zu fragen, wer man sei. Ich hoffe trotzdem, dass die Leute sich über die gemeinsame Zeit freuen.

Am Nachmittag durften wir auf einen Ausflug mit. „An Bord“  des AgeSong-Vans sechs Senioren, eine Freiwillige aus Malaysia, wir und Sushi, Chef der ganzen Tour. Über die Bay Bridge hin weg hatten wir einen absolut traumhaften Blick auf die Golden Gate Bridge und Alcatraz, tief im weißen, wolkenähnlichen Nebel eingehüllt. Nur noch die Spitzen der Brücke waren zu sehen. Ringsherum war es jedoch klar und sonnig.P1000134_2

Nach circa 40 Minuten Fahrt erreichten wir unser Ziel. Ein Hundepark. Nunja, ein solcher Park ist gewöhnungsbedürftig. Hier haben die Hunde das sagen. Spielen, raufen und bellen so viel sie wollen. Eine schöne Idee, als menschlicher Besucher sollte man beim Spazieren gehen jedoch genau darauf achten, was sich auf Weg und Wiesen befindet. Natürlich stand auch hier wieder das Plaudern mit den Senioren im Vordergrund. Diesmal hatte ich einen pessimistischen netten Herrn an meiner Seite. Eine gelungene Abwechslung zum Selbstgespräch.

Um noch ein bisschen abzuschalten, erkundeten wir nach unserem frühzeitigen Abendessen noch ein wenig die Gegend. Wie es sich gehört gelangten wir natürlich genau in die Gegend San Franciscos, die nicht so sehr für zwei blonde junge Frauen geeignet ist. Dieser Teil der großen Market Street war Raum der farbigen und ärmeren Bevölkerung. Wie gut, dass es viele Querstraßen zum Abbiegen gibt.

Über die Hyde Street, durch die Serie „Charmed“ bekannt geworden, Berg auf, Berg ab, an Cables Cars vorbei, traten wir kurz vor Chinatown den Rückweg an. Eine solch kleine Tour durch San Francisco kostet schon etwas Kraft. Ein gutes Work-out nach der Arbeit.

Spiel, Spaß – Senioren eben

Der Dienstag gestaltete sich etwas arbeitsintensiver. Auf dem Plan standen nach dem täglichen Meeting der „Internes“: Spaziergang mit einem Senioren und dessen Hund – wobei bei allen hygienischen Vorschriften es höchst sonderbar ist, dass Haustiere hier wohnen dürfen. Anschließend Sport und Spiel mit freiwilligen Bewohnern, die ordentlich Kraft in Tennisschläger und Ballon investierten. Um nach der Mittagspause wieder gemütlich in die Arbeit einzusteigen durfte das Akten ordnen natürlich nicht fehlen und Musik und Gesang brachte dann den Höhepunkt des Tages. Es war schön, auch eingeschränkte Menschen so fröhlich und frei auf einen Xylophon spielen zu sehen. Zum Schluss gab es noch eine Einladung zum Bandkonzertes des Musiktherapeuten Ian Donnerstag Abend. Auch wenn ich wohl allein gehen muss, denn meiner Mitfreiwilligen fehlen noch drei Jahre bis zur amerikanischen Volljährigkeit. Und bis dahin sind Bars tabu.

Licht im Dunkeln

Kurz vor Feierabend fühlte sich endlich jemand verpflichtet, uns einmal mehr über AgeSong, die kommenden Tage und die Gegend zu erklären. Sie fragte nach unseren Erwartungen und Vorstellungen, stellte uns einen kleinen Ablaufplan bis Sonntag auf und zeigte uns zum Schluss noch Supermarkt, Busfahrplan und Waschsalon. Ob das jetzt etwas beruhigender war, weiß ich noch nicht. Zumindest ist es schön zu wissen, einen direkten Ansprechpartner zu haben.

Morgen werden wir außerhalb mit einigen Senioren essen gehen. Man hat uns schon vor der Neugier und Gesprächsbereitschaft der Damen und Herrn gewarnt. Was denken sie wohl über uns, was werden sie fragen und wissen wollen?

Für heute heißt es erst einmal durchatmen und entspannt in den Abend gehen. Besuch wird kommen, ein Bekannter und ehemalige Bewohner der Stadt. Ich freue mich darauf, ihn mit Fragen zu löchern und so ein Stück mehr über Leben und Arbeiten in San Francisco zu lernen. Denn die USA ist wirklich anders als die anderen.

Fishermen’s Wharf

„Sind Sie Touristin?“ –  Nein, ich lebe für ein Jahr hier. – „Dann nehmen Sie lieber eine andere Sightseeing-Route und nicht die für typische Touristen.“ Ich erwiderte darauf nichts. Warum eigentlich nicht? Ich fühle mich derzeit noch nicht heimisch. Alles ist neu, unbekannt und anders. Touristen wollen die Besonderheiten einer Stadt kennen lernen, die schönsten Plätze erkunden und Sehenswürdigkeiten  besichtigen. Genau wie ich. So zogen wir heute mit Kamera und dem nötigen Kleingeld los gen Küste – zu Fishermen’s Wharf.

Ich hatte mir vP1000042_2on einer netten Pflegerin bei AgeSong genau erklären lassen, wie ich mein Ziel mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen kann. Und tatsächlich war es ganz einfach. Mit der MUNI, ähnlich wie unsere alten Straßenbahnen, fuhren wir eine große breite Straße entlang. Nicht so gesittet und ordentlich wie in Deutschland, nein. MUNI-Fahrer haben durchaus einen schroffen Fahrstil. „Hurry, hurry!“ hieß es beim Einsteigen.

Schnell 2 Dollar in den Automaten geworfen und schon ging es los. Auf der Fahrt war genau erkennbar, wo Downtown begann. Plötzlich schossen Wolkenkratzer aus dem Boden, ein Geschäft stapelte sich über dem Nächsten und Menschen liefen mit großen vollgepackten Einkaufstüten durch die Gegend. Das war also San Franciscos Shoppingmeile.

Pier 39 – Zwischen schönstem Panorama und Kitsch

Die hohen Häuser wurden von Plätzen mit Palmen, kleinen Ständen und fliegenden Möwen abgelöst. Was die Möwen betrifft, so sind Artgenossen in Deutschland dagegen Zwerge. Ich habe noch nie einen solchen Vogel gesehen, der mir bis zu den Knien geht. Da es weder eine Haltestellenanzeige in der Bahn noch einen Hinweis auf die Bezeichnungen des jeweiligen Stopps gibt, war es etwas schwierig herauszubekommen, wann wir aussteigen sollten. Ich dachte, dass am Fishermen’s Wharf wahrscheinlich nicht nur zwei oder drei Personen aussteigen wollen, sondern sich die Bahn ziemlich schnell leeren würde. Ich erinnerte mich an Bilder und Beschreibungen des Platzes und war mir sicher, es nicht übersehen zu können. Die Unsicherheit wuchs jedoch. Als die Bahn an einem bunten Platz nahe der Küste hielt, fragte ich Hals über Kopf die hinter mir sitzende Dame. „Ist dies hier Fishermen’s Wharf?“ – „Ja, das ist ‚Pier 39‘.“ – „Also müssen wir hier für Fishermen’s Wharf aussteigen?“ – „Ja, das ist ‚Pier 39‘.“ Erst als ich draußen stand erkannte ich, dass dies nicht der Ort war, wo ich hin wollte. Ich war mir sicher, dass diese Dame nur wenig Englisch verstand.

Ich sah mich um. Es war bunt, Souvenirs an jeder Ecke, ein Restaurant neben dem Anderen. Etwas weiter ein wunderschönes altes Pferdchen-Karussell. Auf der anderen Seite des Platzes konnte ich das Meer erkennen und kurz darauf sah ich sie genau vor mir – die Golden Gate Bridge. Wie es sich gehört, in einem leichten Nebelschleier stehend. Unter der Brücke waren Segelboote zu erahnen. Es war ein wunderschöner Anblick.

P1000100_2Ein Stück weiter und deutlich zu erkennen lag Alcatraz. Natürlich wollen wir uns diese Sehenswürdigkeit nicht entgehen lassen, nur nicht heute. Wir haben doch schließlich ein Jahr Zeit.

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Pier 39 zeigte sich von seiner schönsten Seite. Massen an Menschen, Hot Dog – und Süßwarenständen und natürlich sich sonnenden Seelöwen. Wer jedoch diese Tiere in freier Wildbahn in Dänemark oder Skandinavien erleben durfte, der ist hier vielleicht weniger beeindruckt. Mir erging es so.

Fishermen’s Wharf – Touristenanlaufpunkt

An Alcatraz-Zubringern und Sightseeing Fähren vorbei erreichten wir endlich unser eigentliches Ziel. Da fuhren Cable Cars die steilen Straßen der Stadt hinauf, man traf Menschen aus aller Welt  und konnte sich von der guten Laune der Straßenkünstler anstecken lassen. Auch Bettler sind hier sehr kreativ. „Gib mir Geld, oder ich wähle Romney“ stand auf einem Schild. Was es alles gibt…

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Wir besuchten den Hafen, schauten uns Militär- und Segelschiffe von außen an, bewunderten Schwimmer, die sich bei doch recht kühler Wassertemperatur ins Meer trauten. Einen Besuch im Wachsmuseum wollten wir uns für später aufheben. Ich brauchte eine Weile um herauszufinden, was die verschiedenen Fischstände und Imbissbuden anboten und war von der Boudin Bakery tief beeindruckt. Dort gab es Teddy-Brote, verschiedenstes Gebäck und Brotkörbe, die wie am Fließband über den Köpfen der Menschen hinweg fuhren. Ein Brotkrokodil, welches gut einen Meter lang war, lag im Schaufenster, wo Bäcker und Bäckerinnen bei der Arbeit zu beobachten waren.

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Nach vier Stunden waren unsere Füße müde und wir fuhren in schönstem Sonnenschein an Wolkenkratzern und Einkaufszentren vorbei zurück nach Hayes Valley. Fazit: anstrengend und interessant, aber um Fishermen’s Wharf richtig zu erkunden, braucht man mehr als nur einen Tag. Ich komme wieder.

 

first day

Die Nacht war kurz. Um genau zu sein 180 Minuten lang. Die Zeitumstellung nagt doch ziemlich an mir. Auch wenn ich 28 Stunden am Stück auf den Beinen gewesen bin, so klingelte meine innere Uhr 2.30 morgens. In Deutschland wäre dies 11.30 gewesen. Da es außerhalb des Zimmers viel Unruhe gab, war an ein erneutes Einschlafen nicht zu denken. So begann mein erster Tag in San Francisco mitten in der Nacht.

Das hatte den Vorteil, einmal ganz in Ruhe mit der Familie zu skypen, E-Mails zu schreiben und die ersten Eindrücke setzen zu lassen. Gegen acht war Frühstückszeit. Frühstück auf amerikanische Art: Zwei Eieromletts mit Käse gefüllt, dazu Toast, Butter, Marmelade und ein Schälchen Obst. Nehmen wir die Marmelade oder eher das Gelee mal raus, so war es gar nicht mal so schlecht. Das ein Vollkornbrot so anders als in Deutschland schmecken kann, war mir bis dahin nicht bewusst.

Haribo und Co

Den Vormittag habe ich im Zimmer verbracht. Ob ich müde war, steht außer Frage. Erst zum Nachmittag hin machten meine Mitfreiwillige und ich uns, auf um zu erkunden, in welcher Umgebung wir uns eigentlich befinden. Wir steuerten auf den Marktplatz zu, bogen mal hier und mal da ab und knipsten Fotos, wo es nur ging. Von der Ampel, die den Countdown für „grün“ zählt, von dem ersten Supermarkt inklusive Apotheke, Drogerie und Fotoladen. Zu meinem Erstaunen gibt es auch hier Süßigkeiten wie Kinder Schokolade, Wevernünftiges Süßes 3rther‘s Original, Haribo und Trolli. Was Letzeres betrifft, so muss ich gestehen, dass auch ich als großer Gummibärchen-Fan die Finger von diesen Tüten gelassen habe. Allein die Farbe schrie nur so nach Chemie. Das konnte geschmacklich einfach nicht passen. Aber die riesen Packungen an Schokoladen-Mix und Mini-Riegeln ist gigantisch. Warum? – Halloween naht. Und das wird hier gefeiert, wie nirgends sonst.

 

Die Stadt

Die Straße weiter entlang kamen wir zu Rathaus, Oper und McDonald’s. Da war es. Mein Mc Sunday mit Erdbeersoße. Schon allein dafür hatte sich die weite Reise gelohnt. Durch Zeitumstellung und Schafmangel saß uns doch die Müdigkeit doch ziemlich in den Knochen und wir traten den Rückweg an. Ich schätzte, in einer halben Stunde bei AgeSong zu sein. Schätzung weit verfehlt. Nach ständigem Berg auf und Berg ab, links, rechts und grade aus stellten wir nach einiger Zeit fest, dass zwar alles quadratisch und gleich aussah, wir jedoch nicht da angekommen waren, wo wir hin wollten. Wir hatten uns verirrt.

Von Bus Stop zu Bus Stop pendelnd, wo es immerhin eine übersichtliche Stadtkarte gab, versuchten wir uns zu orientieren. Das war gar nicht so einfach. Zu meinem Glück liefen wir genau in die falsche Richtung und fanden das, was eines meiner höchsten Ziele wdie painted ladies aus full housear. Die „Painted Ladies“, eine Reihe an typischen im viktorianischen Stil zwischen 1892 und 1896 erbauten Häusern San Franciscos. Endlich besitze ich mein eigenes Postkartenmotiv  und habe an dem Drehort des Full House- Intros gestanden.

 

Nachdem wir unzählige Leuten nach dem Weg gefragt hatten, kamen wir pünktlich zum Abendessen (17.30!) bei AgeSong an. Als Beilage zu Nudeln auch noch Toast? Eben Amerika. Mein einziges Ziel ist nur noch mein Bett. Ich hoffe auf eine entspanntere und ruhigere Nacht, denn morgen geht unser Sightseeing weiter: Cable Car und Fisherman‘s Wharf.