Fishermen’s Wharf

„Sind Sie Touristin?“ –  Nein, ich lebe für ein Jahr hier. – „Dann nehmen Sie lieber eine andere Sightseeing-Route und nicht die für typische Touristen.“ Ich erwiderte darauf nichts. Warum eigentlich nicht? Ich fühle mich derzeit noch nicht heimisch. Alles ist neu, unbekannt und anders. Touristen wollen die Besonderheiten einer Stadt kennen lernen, die schönsten Plätze erkunden und Sehenswürdigkeiten  besichtigen. Genau wie ich. So zogen wir heute mit Kamera und dem nötigen Kleingeld los gen Küste – zu Fishermen’s Wharf.

Ich hatte mir vP1000042_2on einer netten Pflegerin bei AgeSong genau erklären lassen, wie ich mein Ziel mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen kann. Und tatsächlich war es ganz einfach. Mit der MUNI, ähnlich wie unsere alten Straßenbahnen, fuhren wir eine große breite Straße entlang. Nicht so gesittet und ordentlich wie in Deutschland, nein. MUNI-Fahrer haben durchaus einen schroffen Fahrstil. „Hurry, hurry!“ hieß es beim Einsteigen.

Schnell 2 Dollar in den Automaten geworfen und schon ging es los. Auf der Fahrt war genau erkennbar, wo Downtown begann. Plötzlich schossen Wolkenkratzer aus dem Boden, ein Geschäft stapelte sich über dem Nächsten und Menschen liefen mit großen vollgepackten Einkaufstüten durch die Gegend. Das war also San Franciscos Shoppingmeile.

Pier 39 – Zwischen schönstem Panorama und Kitsch

Die hohen Häuser wurden von Plätzen mit Palmen, kleinen Ständen und fliegenden Möwen abgelöst. Was die Möwen betrifft, so sind Artgenossen in Deutschland dagegen Zwerge. Ich habe noch nie einen solchen Vogel gesehen, der mir bis zu den Knien geht. Da es weder eine Haltestellenanzeige in der Bahn noch einen Hinweis auf die Bezeichnungen des jeweiligen Stopps gibt, war es etwas schwierig herauszubekommen, wann wir aussteigen sollten. Ich dachte, dass am Fishermen’s Wharf wahrscheinlich nicht nur zwei oder drei Personen aussteigen wollen, sondern sich die Bahn ziemlich schnell leeren würde. Ich erinnerte mich an Bilder und Beschreibungen des Platzes und war mir sicher, es nicht übersehen zu können. Die Unsicherheit wuchs jedoch. Als die Bahn an einem bunten Platz nahe der Küste hielt, fragte ich Hals über Kopf die hinter mir sitzende Dame. „Ist dies hier Fishermen’s Wharf?“ – „Ja, das ist ‚Pier 39‘.“ – „Also müssen wir hier für Fishermen’s Wharf aussteigen?“ – „Ja, das ist ‚Pier 39‘.“ Erst als ich draußen stand erkannte ich, dass dies nicht der Ort war, wo ich hin wollte. Ich war mir sicher, dass diese Dame nur wenig Englisch verstand.

Ich sah mich um. Es war bunt, Souvenirs an jeder Ecke, ein Restaurant neben dem Anderen. Etwas weiter ein wunderschönes altes Pferdchen-Karussell. Auf der anderen Seite des Platzes konnte ich das Meer erkennen und kurz darauf sah ich sie genau vor mir – die Golden Gate Bridge. Wie es sich gehört, in einem leichten Nebelschleier stehend. Unter der Brücke waren Segelboote zu erahnen. Es war ein wunderschöner Anblick.

P1000100_2Ein Stück weiter und deutlich zu erkennen lag Alcatraz. Natürlich wollen wir uns diese Sehenswürdigkeit nicht entgehen lassen, nur nicht heute. Wir haben doch schließlich ein Jahr Zeit.

P1000098_2

 

P1000096_2

Pier 39 zeigte sich von seiner schönsten Seite. Massen an Menschen, Hot Dog – und Süßwarenständen und natürlich sich sonnenden Seelöwen. Wer jedoch diese Tiere in freier Wildbahn in Dänemark oder Skandinavien erleben durfte, der ist hier vielleicht weniger beeindruckt. Mir erging es so.

Fishermen’s Wharf – Touristenanlaufpunkt

An Alcatraz-Zubringern und Sightseeing Fähren vorbei erreichten wir endlich unser eigentliches Ziel. Da fuhren Cable Cars die steilen Straßen der Stadt hinauf, man traf Menschen aus aller Welt  und konnte sich von der guten Laune der Straßenkünstler anstecken lassen. Auch Bettler sind hier sehr kreativ. „Gib mir Geld, oder ich wähle Romney“ stand auf einem Schild. Was es alles gibt…

P1000122_2

Wir besuchten den Hafen, schauten uns Militär- und Segelschiffe von außen an, bewunderten Schwimmer, die sich bei doch recht kühler Wassertemperatur ins Meer trauten. Einen Besuch im Wachsmuseum wollten wir uns für später aufheben. Ich brauchte eine Weile um herauszufinden, was die verschiedenen Fischstände und Imbissbuden anboten und war von der Boudin Bakery tief beeindruckt. Dort gab es Teddy-Brote, verschiedenstes Gebäck und Brotkörbe, die wie am Fließband über den Köpfen der Menschen hinweg fuhren. Ein Brotkrokodil, welches gut einen Meter lang war, lag im Schaufenster, wo Bäcker und Bäckerinnen bei der Arbeit zu beobachten waren.

P1000118_2

Nach vier Stunden waren unsere Füße müde und wir fuhren in schönstem Sonnenschein an Wolkenkratzern und Einkaufszentren vorbei zurück nach Hayes Valley. Fazit: anstrengend und interessant, aber um Fishermen’s Wharf richtig zu erkunden, braucht man mehr als nur einen Tag. Ich komme wieder.

 

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.