0,416 days

Da stehen sie nun – zwei Koffer, ein Rucksack, eine Laptoptasche. In meinen Schränken war selten so viel Platz gewesen. Das Packen war zwar relativ entspannt, aber nicht ganz leicht. Immer wieder wurden Sachen von dem einen in den anderen Koffer umsortiert und neu gestapelt. Noch keine 23 Kilo? Nächstes T-Shirt, noch eine Hose. 4,5 Kilo Schokoladentafeln, Riegel, Kekse und Gummibärchen als kleine Aufmerksamkeiten nehmen vielleicht nicht Unmengen an Platz weg, jedoch ist das Gewicht nicht unwesentlich. Einige Stunden und viele Messungen auf der Waage später ließ sich auch der letzte Koffer schließen. Ein bisschen Karenzraum habe ich noch. Doch erst, wenn das komplette Gepäck am Schalter abgegeben ist, wird auch das letzte Stück Unsicherheit abfallen. Hoffentlich.

Nächster Halt: The United States of America

Die Lufthansa versprach pünktliches Abfliegen der British Midland Maschine, unabhängig von den derzeitigen Streiks. Die Koffer gehen bis San Francisco durch, der online Check-in war unkompliziert, die Bordcard  liegt perfekt gedruckt vor mir und das Abholen vom Flughafen in San Francisco ist arrangiert. Nichts steht meiner Reise nun noch im Weg.

Es fiel mir erstaunlich leicht, mich von den meisten Menschen zu verabschieden. Doch der Härteste steht mir noch bevor. Meine Hoppelbande wird mir fehlen.

Morgen früh um vier geht es los. Start: 7.25 – Ankunft: 13.37 Ortszeit. Neun Stunden Unterschied. Ob alles klappt, alles gut geht? Wir werden sehen. 10 Stunden sind es noch. Nächster Halt: San Francisco, California, United States of America.

2 days

Da sind sie nun. Die letzten beiden Tage. 48 Stunden zum Waschen, Bügeln und Packen. Zwei mal 23 Kilo, 8 Kilo Handgepäck, eine Laptoptasche, Decke und Handtasche. Reinste Puzzlearbeit.

Zu Hause habe ich für alles gesorgt. IMG_0516_2Mein Häschen hat einen Spielkameraden bekommen. Unser 10 Wochen altes Löwenköpfchen Mio hat sich schon gut in der kleinen Hasen-WG eingelebt. Noch sind beide Häschen voneinander getrennt. Das Zusammensetzen werde ich nur über Skype miterleben können. Immerhin. Selbst meine Oma (82) hat seit Kurzem das Telefonieren übers Internet für sich entdeckt und freut sich über den neuen „Kasten“ und seine Möglichkeiten.

Nach allen Problemen mit Fluggesellschaft und Co habe ich gedacht, nun problemlos auf Reisen gehen zu können. Dass nun die Flugbegleiter der Lufthansa streiken und etliche Flüge nicht starten können, macht meine Nervosität nur noch größer.

Gestern wurden Euros in Dollar getauscht, Reiseschecks vorbereitet, Dokumente gescannt und alle Sachen zum Mitnehmen im Zimmer meiner Schwester ausgebreitet. Alles ist fertig zum Verstauen. Es wird Zeit. Nur noch zwei Tage bis zum Flug.

10 days

Noch vor ein paar Wochen schien die Zeit unendlich lang zu sein. Mit neun Wochen habe ich angefangen, rückwärts zu denken. Noch zwei Monate, noch 6 Wochen, noch 5… Ich war mir nicht sicher, ob ich alles pünktlich beisammen haben würde, die Liste war schließlich nicht grade kurz.

Doch schauen wir auf heute. Zehn Tage vor Abflug ist soweit alles komplett. Selbst an eine Armbanduhr wurde noch gedacht. Ich hoffe, meine noch verschwundene Kamera wieder zu finden, um nicht ohne da zustehen. Oder doch gleich noch eine Neue kaufen?

Pläne für die letzten Tage. Morgen geht es mit meinem Papa in die Oberlausitz. Nach Sohland an der Spree, einem kleinen Dorf an der Grenze zu Tschechien. Ein Tag im Grünen, wo Vögel zwitschern und die Kirchturmglocke zu hören ist. Noch eine Woche und drei Tage. Vor mir liegen Großstadtcharme und reges Treiben.

„Wir sehen uns in einem Jahr“…

Am Sonntag kommen noch einmal all meine Liebsten zusammen. Brunchen im engsten Freundeskreis. Ich möchte mich nicht groß verabschieden. Es ist doch schließlich nur ein Jahr. Wir werden schreiben, skypen, der ein oder andere kommt zu Besuch. Sich gemeinsam freuen, Pläne schmieden für Ausflüge und Abenteuer 10.000 Kilometer weit entfernt – das würde ich mir wünschen.

Dass es so langsam ernst wird, spüre ich deutlich. Nach und nach sieht man Familie und Freunde ein letztes Mal. Sie drücken die Daumen, dass alles klappt. Wünschen mir eine gute Reise und  wunderbare Zeit mit vielen Eindrücken und neuen Erlebnissen. Erst gestern umarmte ich einen besonderen Menschen, der mich in den letzten sieben Jahren durch alle Höhen und Tiefen begleitet hat. „Wir sehen uns in einem Jahr“, habe ich gesagt. Irgendwie unglaublich, aber wahr…

Countdown: 14 days

Augen auf, ein Blick auf die Uhr und der Tag beginnt strahlend und gut gelaunt. Warum? In 14 Tagen würde ich schon deutschen Boden verlassen haben und in mein neues Leben fliegen. Nur noch zwei Wochen!  Wird die Reise problemlos verlaufen? Was erwartet mich wohl in San Francisco? Wo werde ich wohnen, was werden meine Aufgaben bei AgeSong Senior Communities sein? Erst vor zwei Tagen kam die Info, in welcher Community meine Mitfreiwillige und ich arbeiten werden. Mitten in San Francisco City. Wahnsinn.

Ich bin gespannt, wie das Leben in Kalifornien wohl sein wird. Ich habe so viel von der lockeren Lebensweise und Freundlichkeit der Menschen in der Bay Area gehört. Ein Lächeln ist die halbe Miete beim Knüpfen von neuen Kontakten, heißt es.

Die letzten Tage sind zum Genießen da

Doch heute stehen erst einmal braten, backen und kochen auf dem Programm. Zwar dreht sich bei mir alles nur noch um meine große Reise, San Francisco und was ich noch alles erledigen muss, aber auch hier habe ich noch einiges vor. Mit Brötchen, selbst gemachtem Kartoffelsalat und Keksen geht es morgen zu Holzachterbahn, Krake und Wildwasserbahn. Lange habe ich auf diesen Familienausflug gewartet. Mit Eltern und Freundin Anne in den Heidepark Soltau!

Auch das gehört dazu…

Abends allein vor dem Fernseher träumend schießen mir auch andere Gedanken durch den Kopf. Natürlich ist die Aufregung groß, die Vorfreude unübersehbar und die Spannung auf das, was kommt, überall spürbar. Und trotzdem weiß ich, dass dies für die nächsten Monate der letzte Ausflug mit Familie und Freunden sein wird. Anne zieht es nach Tokyo/ Japan. Das bedeutet für uns 16 Stunden Zeitunterschied.

Und meine Familie? Nun ja, Kalifornien ist nicht  grad um die Ecke. Ist auch nicht Frankreich oder Spanien, wo ein Kurzurlaub gut denkbar wäre.

Ich finde es gut, alleine zu reisen, mir mein eigenes Leben aufbauen zu können in einer fremden Umgebung mit neuer Kultur und Lebensweise. Aber fehlen werden sie mir trotzdem. Wäre ja auch schlimm, wenn nicht, oder? Vor allem mein Häschen werde ich vermissen. Und doch bin ich mir sicher: besser als hier kann es Liva nicht haben. Und wann waren die Kommunikationsmöglichkeiten wohl besser als heute?