Langsam legt sich der dicke Nebel über dem großen weiten Ozean. Die Sonne scheint mit aller Kraft und der Himmel ist klar und wolkenlos. Schiffe fahren am Horizont. Es ist Sonntag. Ein Sonntag, wie er sein sollte. Vergessen sind die kurzen, unruhigen Nächte der vergangenen Wochen. Auch wenn der Alltag für die Senioren hier gegen sechs Uhr morgens beginnt und es dementsprechend laut auf dem Flur wird, so ist es nachts still und friedlich. Inzwischen habe ich mich in meinem neuen Heim eingelebt, auch wenn es nur für einen kurzen Zeitraum sein wird.
Unser neues Appartement soll in einer kleinen Nachbarstadt liegen, in Alameda. Wenn alles klappt, ziehen wir am 11. November um. Wir werden sehen. Jetzt genieße ich erst einmal den Blick aufs Meer, am Frühstückstisch sitzend und einem frischen warmen Kaffee.
Kommen und gehen
Am Freitagmorgen wachte ich zum ersten Mal in meinem neuen Bett auf. Ich genoss ein Frühstück am Tisch mit einem richtigen Käsebrot, Tomaten und Kaffee. Auch wenn es hektisch war und wir etwas unter Zeitdruck standen – darauf wollten wir nicht verzichten. Wie erwartet kamen wir 20 Minuten zu spät zur Arbeit. Aufgefallen ist es keinem.
Stolz betrachtete ich unsere kreativen Werke im Keller AgeSongs. Nur wenige Pinselstriche fehlten noch. Die Hexe brühte vor sich hin, der Kürbis leuchtete im schönsten Orange und der Geist bekam große Augen und ein süßes Lächeln. Oben im Café standen Spinnennetze und Fledermäuse zum Dekorieren bereit. Alle packten mit an: ein Senior, ein Intern, Studenten der Universität und wir Freiwilligen aus Deutschland.
Die Zeit verging wie im Fluge. Meine Entspannungsgruppe stand an. Seit vier Wochen gehören dreißig Minuten mir und den Senioren ganz allein. Eine halbe Stunde abschalten, entspannen, atmen und den Alltag vergessen. Die dankbaren Augen der Senioren sind jeden Freitag erneut eine Freude.
Noch einmal setzten wir uns zu den Bewohnern in den Aufenthaltsraum – malten Kürbisse für unser Mobilee. So manche Dame macht sich zum ersten Mal bemerkbar. Auch wenn sie ihren Arm alleine nicht mehr heben kann, ihre Augen zu schwach sind, um Bilder und Farben zu erkennen, so wollte sie trotzdem helfen, einen Kürbis für unsere Halloween-Party zu gestalten. Ich frage sie nach einer Farbe, nehme einen Stift und ihre Hand und führe ihre Finger über das Papier. Am Ende entsteht ein Bild, worauf sie stolz sein kann. Sie kann nicht viel sagen, zeigt jedoch, dass es ihr gefallen hat. Auf der anderen Seite des Tisches malt eine mexikanische Seniorin eifrig Kürbis für Kürbis an. Verschiedenste Gesichter entstehen. Ich bin beeindruckt.
Acht Stunden sind vergangen. Es ist Feierabend. Noch einmal drehe ich mich um, winke der Dame an der Rezeption zu. Wir sehen uns nächste Woche! Es ist 17 Uhr als die Tür hinter mir ins Schloss fällt und ich mich auf den Weg in mein neues Heim mache.